12. Januar 2021

Gesundheitsamt ist nicht für alles verantwortlich

Landrätin Schneider und Gesundheitsdezernent Stock nehmen Stellung zu Mitteilung der CDU-Kreistagsfraktion

Landkreis Gießen. Nach einer Presseveröffentlichung der CDUKreistagsfraktion zur Corona-Situation in den Pflegeheimen stellt Landrätin Anita Schneider die Rolle und Funktionen des Gesundheitsamtes klar. Die CDU-Fraktion hatte eine Reihe von Anfragen an den Kreisausschuss gestellt und in einem begleitenden Statement verstärkte Maßnahmen des Landkreises gefordert.

Vor diesem Hintergrund verweist Landrätin Schneider darauf, dass das Gesundheitsamt lediglich die Gesundheits- und Hygieneaufsicht führt. Die Fach- und Rechtsaufsicht und damit Verantwortung für die Sicherstellung des Pflegebetriebs liege beim Regierungspräsidenten Dr. Christoph Ullrich (CDU). Bereits im November hatte der Landkreis beim Regierungspräsidium auf die angespannte Pflegesituation sowie den Mangel an Pflegekräften aufmerksam gemacht. „Mit dem Regierungspräsidium wurden auch Gespräche geführt, weil die Betreuungs- und Heimaufsicht derzeit keine Regelbegehungen durchführt, sondern nur anlassbezogen Pflegeheime aufsucht.“ In einem Antwortschreiben des RP sei deutlich geworden, dass weiterhin auf Landesebene nach Lösungen gesucht werde. Außerdem sei dort auf eine Online-Vermittlungsplattform sowie bundesweite Personaldienstleister verwiesen worden.

Landkreis ergriff Initiative vor Ort, um zu unterstützen

„Gleichwohl haben wir als Landkreis vor Ort die Initiative ergriffen, um betroffene Einrichtungen zu unterstützen, Aufrufe gestartet und Unterstützungsmöglichkeiten koordiniert“, betont Landrätin Schneider. In einem ersten Aufruf wurden examinierte Pflegekräfte gesucht, die derzeit jedoch kaum zu finden sind. „Ein zweiter Aufruf für eine allgemeine Unterstützung – zum Beispiel auch im hauswirtschaftlichen Bereich – hatte mit Hilfe der Justus-Liebig-Universität und der THM großen Erfolg. Mehr als 300 Personen konnten hier gewonnen werden.“

Regelmäßige Schnelltests in den Heimen und durch die Heime selbst sind in individuellen Testkonzepten vorgesehen. „Diese Konzepte liegen nicht dem Gesundheitsamt vor, sondern werden direkt durch das hessische Sozialministerium verantwortet“, sagt Schneider. Über dieses Verfahren werden den Heimen kostenlos Schnelltests durch das Land zur Verfügung gestellt. „Der Landkreis hat dies durch eine Regelung in seiner Allgemeinverfügung ergänzt, nach der bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 200 auch Besuche von Heimen nur nach einem aktuellen, negativen Schnelltest möglich sind.“ Weil die Pflegeheime Unterstützungsbedarf bei den Tests der Mitarbeitenden signalisiert hätten, habe der Landkreis nun ein passendes Angebot mithilfe von DRK und Johannitern organisiert. „Alle Pflegeeinrichtungen tragen aber auch eine unternehmerische und fachliche Eigenverantwortung“, erklärt Schneider.

Der Landkreis setze dennoch darauf, gemeinsam mit weiteren Akteuren zu unterstützen. Nach wie vor veranlasst das Gesundheitsamt Reihentestungen in Heimen, sobald der Verdacht auf ein Ausbruchsgeschehen besteht. „Trotzdem sind Testungen immer eine Momentaufnahme und keine Garantie dafür, dass es zu einem späteren Zeitpunkt nicht erneut zu Infektionen kommt.“

Verantwortlichkeiten in der öffentlichen Darstellung vermengt

Die Pandemie sei eine noch nie dagewesene Ausnahmesituation, erklären Schneider sowie Hans-Peter Stock als Gesundheitsdezernent in einer gemeinsamen Stellungnahme. „Nach den Vorgaben von Bund und Land sollen sich die Gesundheitsämter in der Pandemie mit Hochdruck auf das Fall- und Kontaktmanagement und Eingrenzen von Infektionsketten konzentrieren“, sagt die Landrätin. Dazu wurde das Hygiene-Team des Gesundheitsamtes innerhalb von kurzer Zeit auf weit über 100 Personen ausgebaut. „Wie andernorts auch wurden Aufgaben wie Schuleingangsuntersuchungen oder regelhafte Begehungen von Einrichtungen zurückgestellt“, erläutert Hans-Peter Stock.

„Wir konnten allerdings weiteres Fachpersonal für das Gesundheitsamt einstellen, dass dreimal wöchentlich Besuche in Pflegeheimen ermöglicht, um vor Ort die Einhaltung der corona-spezifischen Hygienebedingungen zu überprüfen“, erklärt Schneider. Verschärfend für viele Pflegeheime wirke sich jedoch aus, dass Fachpersonal in der Pflege schon vor der Pandemie fehlte und sich diese Situation auf dem Arbeitsmarkt nun besonders drastisch zeige.

Hauptamtlicher Kreisbeigeordneter Stock ergänzt, dass es seit Monaten einen engen Austausch mit den Pflegeheimen in Video- und Telefonkonferenzen gebe. Dass die CDU-Kreistagsfraktion nun die Herausforderungen der Pandemie als Thema im Kommunalwahlkampf nutze, sei bedauerlich und kein gutes Zeichen für die Mitarbeitenden des Gesundheitsamtes, sagt Stock. Verantwortlichkeiten und die Funktion des Gesundheitsamtes seien nicht klar herausgestellt, sondern vermengt worden. „Andere, die Verantwortung tragen, werden in der jetzigen angespannten Situation ausgeblendet.“ Dies zeuge von unzureichender Kenntnis und sei kein guter Stil.